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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 126/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Einzelfallbezogene Ausführungen zur Kündigung eines Kraftfahrers, der innerhalb eines Zeitraums von wenigen Wochen in mehrere Verkehrsunfälle verwickelt war.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und Weiterbeschäftigung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 03.01.2007 als Postzusteller mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 1.200,00 EUR beschäftigt. Die Einstellung erfolgte unter Gewährung eines Eingliederungszuschusses für die Dauer vom 03.01. bis 02.08.2007.

Der Kläger hatte mit den ihm zur Durchführung seiner Tätigkeit überlassenen Fahrzeugen im Beschäftigungszeitraum drei Verkehrsunfälle, davon zwei kleinere Blechschäden beim Rangieren und am 16.06.2007 einen schweren Unfall, bei dem an dem Fahrzeug ein Totalschaden entstand. Der Wiederbeschaffungswert wurde mit 5.050,00 EUR bemessen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.02.2008 - 6 Ca 1500/07 - Bezug genommen.

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht Schwerin für Recht erkannt:

1. Es wird festgestellt, dass die gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 11.07.2007, zugegangen am 11.07.2007, ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 15.08.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Postzusteller mit Arbeitsort Schwerin weiterzubeschäftigen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf 4.800,00 EUR festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, weder unter dem Gesichtspunkt einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Schlechtleistung noch unter dem Gesichtspunkt einer personenbedingten Kündigung wegen fehlender Eignung könne die Kündigung gerechtfertigt sein. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 26.03.2008 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die an einem Montag, 28.04.2008, beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufungsbegründung ist am 15.05.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte behauptet, der Unfall vom 16.06.2007 lasse sich nur so erklären, dass der Kläger mit überhöhter Geschwindigkeit in die Kurve gefahren sei. Bei angepasster Geschwindigkeit wäre das Fahrzeug nicht von der Straße abgekommen und hätte sich nicht überschlagen. Eine Abmahnung sei entbehrlich gewesen, weil sie keinen Erfolg versprochen hätte. So bei ständigen Verstößen gegen die Arbeitsverpflichtung. Auch sei die Abmahnung bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen entbehrlich, wenn die Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar sei. Auch habe der Kläger alle drei Unfälle schuldhaft verursacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.02.2008 - 6 Ca 1500/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben. Zu den Angriffen der Berufung gilt Folgendes:

Zu Recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass eine verhaltensbedingte Kündigung schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil eine Schlechtleistung nicht ausreichend dargetan ist. Auch unter Berücksichtigung der Vorgeschichte mit den beiden Blechschäden ergibt sich nicht zwangsläufig, dass der Verkehrsunfall vom 16.06.2007 vom Kläger verschuldet worden ist. Selbstverständlich besteht angesichts der Gesamtumstände erheblicher Verdacht dahingehend, dass der Kläger mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren ist.

Ausreichende Anhaltspunkte, die zu einer entsprechenden Gewissheit führen, sind jedoch von der Beklagten nicht dargetan worden. Schließlich gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, im vorliegenden Fall von dem Erfordernis einer Abmahnung als Vorstufe zur verhaltensbedingten Kündigung abzusehen. Insoweit kann auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Schwerin Bezug genommen werden.

Die Kündigung kann auch nicht auf personenbedingte Gründe gestützt werden. Es trifft zu, dass für eine personenbedingte Kündigung weder ein Verschulden des Klägers noch das Vorliegen einschlägiger Abmahnungen erforderlich sind. Das Arbeitsgericht Schwerin hat jedoch zutreffend ausgeführt, dass aufgrund der Häufigkeit der vom Kläger verursachten Unfälle nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass der Kläger nicht die Fähigkeit und Eignung besitze, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass sich Unfälle hin und wieder auch schicksalshaft häufen können. Jeder ehrliche Autofahrer wird zugeben müssen, dass er schon öfter Fahrfehler begangen hat, die nur aufgrund glücklicher Umstände nicht zu einem Unfall geführt haben. Das Ausbleiben solcher glücklichen Umstände führt nicht automatisch zu einem Kündigungsgrund. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass beim letzten Unfall eine Pflichtverletzung des Klägers nur sehr wahrscheinlich, nicht aber erwiesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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